US-Amerikanische Zeitungen auf Deutsch

Von Kai Blum

Deutschsprachige Zeitungen in den USA haben eine lange Geschichte, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten nahezu dem Ende zugeneigt hat. In diesem Artikel spanne ich einen Bogen von der ersten deutschen Zeitung aus dem Jahr 1732 über den Höhepunkt mit rund eintausend deutschen Zeitungen Ende des 19. Jahrhunderts bis hin zum einzig verbliebenen Blatt im Jahr 2021.

Die erste deutsche Zeitung in Amerika

Philadelphische ZeitungSchon vor der Gründung der Vereinigten Staaten gab es deutsche Zeitungen in Nordamerika. Benjamin Franklin verlegte bereits 1732 Die Philadelphische Zeitung, die erste deutsche Zeitung, die allerdings nach wenigen Ausgaben wieder eingestellt wurde.

Bemerkenswert ist, dass von der Verabschiedung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zuerst in einer deutschsprachigen Zeitung zu lesen war. Am 4. Juli 1776 unterschrieb John Hancock, Präsident des in Philadelphia tagenden Kontinentalkongresses, die Declaration of Independence. Am 5. Juli war die deutschsprachige Zeitung Pennsylvanischer Staatsbote die erste amerikanische Zeitung, die davon berichtete.

Der Höhepunkt: Rund 1.000 deutsche Zeitungen

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts existierten in den USA rund eintausend deutschsprachige Zeitungen verschiedenster politischer Ausrichtung.

Einen starken Aufschwung nahm das deutsche Zeitungswesen zunächst mit der Einwanderung vieler Teilnehmer der Revolution von 1848, von denen einige damit begannen, Zeitungen für die immer mehr werdenden deutschen Einwanderer zu verlegen. Diese Verlegergeneration dominierte das deutschsprachige Zeitungswesen in den USA rund 30 Jahre lang.

Die nächste Welle deutscher Einwanderung, die das deutsche Zeitungswesen in den USA dann wiederum erneuerte, kam mit dem Verbot und der Verfolgung der Sozialdemokratie in Deutschland durch das 1878 verabschiedete Sozialistengesetz, das die gesamten 1880er Jahre hindurch in Kraft war. Die Folge war die Gründung zahlreicher sozialistischer Zeitungen durch politisch Verfolgte, die in die USA auswanderten. Diese neue Generation deutschsprachiger Zeitungen konkurrierte vielerorts mit den bürgerlich geprägten Zeitungen der ehemaligen Revolutionäre von 1848.

So gab es zum Beispiel in Chicago die Illinois Staats-Zeitung, die von 1848 bis 1922 existierte und hauptsächlich von jenen Einwanderern gelesen wurde, die vor 1878 nach Amerika kamen und aufgrund ihrer Ausbildung noch gut bezahlte Arbeit bekommen hatten. Nicht wenige machten sich sogar selbständig.

Chicagoer Arbeiter ZeitungIn den 1880er Jahren fanden die nun einwandernden Deutschen jedoch in erster Linie nur noch vergleichsweise schlecht bezahlte Jobs in den mehr und mehr mechanisierten und auf Teilarbeitsschritte ausgelegten Fabriken. Zugleich brachten diese Einwanderer ein Klassenbewusstsein mit, das diese Umstände nicht widerspruchslos hinnahm. Mit der zunehmenden Ausbeutung wurden auch die Arbeiter radikaler. Die Chicagoer Arbeiter-Zeitung, die 1877 als sozialistisches Blatt begann, wandelte sich 1883 in eine auflagenstarke anarchistische Tageszeitung um, die u.a. den Kampf um den Achtstundentag anführte. Nachdem infolge des Haymarket-Bombenanschlages die gesamte Redaktion verhaftet und Chefredakteur August Spies unschuldig hingerichtet wurde, sprang der Philosoph Joseph Dietzgen als Chefredakteur ein und verhinderte so die Einstellung der Zeitung, die letztendlich bis 1931 existierte.

Beide Zeitungen spielen eine Rolle in meinem Auswanderer-Krimi Mit Müh und Not.

Die einzig verbliebene deutsche Zeitung in den USA

Nordamerikanische WochenpostDie Nordamerikanische Wochenpost ist die einzige deutschsprachige Zeitung, die bis heute überlebt hat. Sie hat ihre Wurzeln in der ersten deutschen Zeitung in Detroit, dem erstmals 1854 erscheinenden Michigan Journal, das ab 1868 den Namen Detroiter Abend-Post trug und ab 1973 als Wochenzeitung erschien. Ab 1980 trug sie auch den Namen Nordamerikanische Wochenpost und übernahm 1991 die Abonnenten der eingestellten Chicago Abendpost/Sonntagspost und der Milwaukee Deutsche Zeitung.

In den 1990er Jahren stellten die meisten der verbliebenen deutschen Zeitungen in den USA aus Mangel an Lesern und Betreibern das Erscheinen ein. Als ich 1994 in die USA auswanderte und in Washington D.C. lebte, gab es dort z.B. noch das Washington Journal, deren Verleger vermutlich keinen Nachfolger fand und die 2002 nach 114 Jahren eingestellt wurde.

Bleibt zu hoffen, dass die Nordamerikanische Wochenpost die stolze Tradition US-amerikanischer Zeitungen in deutscher Sprache noch viele Jahre fortsetzen kann.

Zum Weiterlesen: Wie viele Deutsche wanderten in die USA aus? | Deutsch als Amtssprache in den USA | Auswanderer-Romane

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Auswanderer Roman ChicagoBUCHTIPP: Mit Müh und Not (Auswanderer-Krimi)

1886 wird die Millionenmetropole Chicago, deren Bevölkerung zu einem Drittel aus deutschen Einwanderern besteht, zum Schauplatz des ersten Bombenanschlags in der Geschichte der USA. Die Brüder Jack und Bob Hunhoff, zwei ehemalige Polizisten aus Chicago, die jetzt im Dakota-Gebiet leben, kehren an ihre alte Wirkungsstätte zurück, um durch eigene Ermittlungen die Freilassung ihres Freundes Andreas Brenner zu erreichen, der nach dem Anschlag verhaftet wurde.

"Kai Blums Auswanderer-Krimis heben sich von der Masse der Histo-Krimis und wohl auch der Auswanderer-Romane ab." (Histo-Couch.de)